Die älteste Form der Freizeitgestaltung des Menschen kann unsere heutige Rettung vor dem Stress der schnelllebigen Welt sein.
Im heutigen Zeitalter geschieht das Streben nach Erfolg in halsbrecherischer Geschwindigkeit. Dabei scheint jeder die Bedeutung der Entspannung und der kleinen Freuden des Lebens zu vergessen. Jeder ist damit beschäftigt, seine Ziele zu erreichen, bevor die Zeit abgelaufen ist. Schon in den frühen Zwanzigern denkt man, man wäre alt. Erfolg ist befriedigend und das Erreichen von Zielen baut den Lebenslauf aus. Aber was wird aus dem Leben, wenn sich alles um weit entfernte Ziele dreht und man nie die Gelegenheit nimmt, alles andere zu genießen?
Dieses Streben ist ausgesprochen stressig. Es hält den Verstand wach und stupst ihn an, um weiter zu schaffen, weiterzumachen, weiterhin die Quote zu erreichen. Der Körper folgt müde und erhält nicht seine dringend benötigte Ruhe, um mit seinen Anforderungen fertig zu werden. Die Auswahl der Speisen richtet sich auf das, was schneller zu haben ist, was Dich wacher hält und was genau jetzt zur Verfügung steht. Wichtige Ereignisse (und Leute) werden in den Hintergrund geschoben, während Du Dich im Wettlauf um Deine Position in der Welt quälst. Die ganze Zeit tauchst Du Dich in die Gesellschaft von Arbeitspferden ein, von schlauen Unterhändlern und der Nutzung von Konkurrenten. Tief in Dir brennt etwas. Es könnte Leidenschaft sein – oder Dein Selbst.
Bei Stress löst der Körper seinen eigenen Stressalarm aus: der Hypothalamus gibt das Hormon Cortisoliberin frei, das dann in einen Strom von Transmittern wie Cortisol und Adrenalin mündet, wodurch der Körper wacher, lebendiger und nervöser wird. Du kannst es bemerken, wenn Dein Herz schneller schlägt, Dein Blutdruck höher und Deine Schweißdrüsen schwitziger werden. Solche Ereignisse können dazu führen, dass Du Dich stimuliert und am Leben fühlst, aber Du kannst nicht auf Dauer auf diesem Höhepunkt bleiben, denn was hoch geht, muss fallen. Und wenn Deine „Wach“-Hormone herunterkommen, wirst Du die andere Seite der Münze erleben: Erschöpfung.
Erschöpfung beeinflusst nicht nur den körperlichen Zustand, sondern beeinflusst auch die geistige Ebene. Der deutsche Schriftsteller Thomas Mann schrieb in seinem Buch Der Tod in Venedig über Gustav von Aschenbach, einen berühmten Schriftsteller in den Fünfzigern, der sein Leben religiös seinem Handwerk widmete. Seine Reise nach Venedig änderte jedoch von Aschenbachs Veranlagung und veranlasste ihn, sein Äußeres zu bemerken, die kleinen Details dazwischen zu bewundern und sich zu verlieben, bevor er an faulen Erdbeeren starb. Trotz dieses humorvollen Endes, deutet die Geschichte auf die seltsame Neigung, sich zuerst den Rücken zu brechen, bis man sich endlich gesteht, ich muss eine Pause machen, Abstand nehmen und mit neuer Motivation zurückkommen.
Manchmal brauchst Du nur die Luft zu wechseln.
In Japan gibt es so etwas wie Shinrin-Yoku oder Waldbaden. Im Jahr 2004 hat ein Team unter der Leitung von Yuko Tsunetsugu eine Studie mit dem Titel „Therapeutic Effects of Forests (Therapeutische Wirkung von Wäldern)“ verfasst, in der bewiesen wird, wie natürliche Umgebungen dazu beitragen können, die visuellen, auditiven, olfaktorischen und taktilen Sinne zu beruhigen. In ihrem Experiment verringerte sich Cortisol, das Stresshormon, wenn die Versuchspersonen aufgefordert werden, als regelmäßige Freizeitform tief in den Wald zu gehen.
Erholung ist individuell
Erholung im Freien hilft dabei, Geist und Körper wieder in einen gesunden Zustand zu bringen. Aber auch andere Formen der Freizeitgestaltung, wie Bücher lesen oder Stricken, können sich positiv auf das Wohlbefinden auswirken. Im Jahr 1933 enthüllte die medizinische Zeitschrift Work Physiology eine Studie, die sich mit dem „Einfluss der aktiven Erholung auf die Arbeitsfähigkeit“ beschäftigt. Hier gingen Forscher der Frage nach, was der Mensch tun muss, um sich zu entspannen und zu erholen. Überraschenderweise unterscheidet sich Erholung von Mensch auf Mensch; was für manche gemütlich ist, wirkt sich in anderen als Stress aus.
Erholung ist nicht zu 100 % Rast
Trotz der Spaß-bringenden Faktoren, können manche Aktivitäten auch zum Stress beitragen. Nehmen wir zum Beispiel Sport: zwar hilft er Dir, Dich von Deinem Arbeitsalltag zu distanzieren, aber ist nicht reine Entspannung. Das Gleiche gilt für Reisen. Es beginnt vom überfüllten Flughafen, über verspätete Flüge bis hin zum Jetlag beim Erreichen des Ziels. Ferien werden so schön als Ruhetage bezeichnet, aber sie können schnell sehr stressig werden: Mütter kochen für ihre Familien, Singles veranstalten Partys, Kinder laufen wild umher und versuchen, ihren Anteil an Halloween-Süßigkeiten oder Ostereiern zu sichern.
Einfach gesagt, erfordern auch die kleineren Freizeitaktivitäten Energie. Einige erfordern sogar mehr Aufwand im Vergleich zur gewohnten Schufterei in der Arbeitswoche.
Wie erholst Du Dich am besten?
Experten raten, Ruhe in Deinen Alltag zu bringen. Die Medizinische Hochschule Hannover versuchte mit Pausenplänen zu experimentieren: für jeweils 25 Minuten Arbeit sollte eine Pause von 5 Minuten eingelegt werden. Die gleiche Idee gilt auch für die von Francesco Cirillo entwickelte Technik der 1980er Jahre. Die Pomodoro-Technik, der Name stammend von einem Küchentimer in Tomatenform, wird verwendet, um eine Disziplin namens Timeboxing zu entwickeln. Dabei schätzt man die in einer Aufgabe erforderlichen Anstrengungen, erledigt sie in einem Schritt und beendet sie, sobald der Timer klingelt.
Sich auf Prioritäten zu konzentrieren ist eine Sache, sich zu erholen ist eine andere. Um jedes Mal das Beste geben zu können, muss Energie gegeben und nachgetankt werden. Es ist bekannt, dass Athleten ihre Stress- und Ruhezyklen zutiefst ausbalancieren. Auf dem Feld treiben sie ihre Körper an die Grenze, aber danach nehmen sie ihre dringend benötigte Pause ein. Wie? Durch Schlaf.
Usain Bolt, der schnellste Mann der Welt, gönnt sich nachts neun Stunden Schlaf. Das ist wichtig, sagt er, denn sein Körper muss jeden Tag die Strapazen seines Trainings aushalten. Andere nutzen diverse Entspannungsmethoden. Achtsamkeit und Yoga halten Dich geerdet und helfen Dir, „ganz da zu sein“, während Du Deinen Kopf von den Sorgen des Tages befreist. Andere Erholungsmethoden: Sauna, Massage und eine regelmäßige Sitzung der Physiotherapie können Dich in Form halten und Deinen Körper dabei unterstützten, die verlorene Energie wiederherzustellen.
Die Vorteile der regelmäßigen Erholung
Jeder braucht eine physische und psychologische Auszeit. Erholung hebt die Stimmung, hilft bei körperlicher Genesung und steigert das allgemeine Wohlbefinden. Auffallend ist, dass sie auch das Selbstwertgefühl verbessern und so zu besseren sozialen Beziehungen beitragen kann. Sie nutzt die Fähigkeit des eigenen Geistes und der Bewegung und ebnet den Weg für einen besseren Schlaf, der unter allen Arten der Erholung am wichtigsten ist.